Kapitel 17: Neue Comenius-Assistenten, die älteste Stadt Dänemarks und das etwas andere Wattenmeer
Mein kleines gelbes Haus wurde in den letzten zwei Wochen immer leerer und leerer, da ein Erasmus-Student nach dem anderen abgereist ist. Irgendwann hatte ich dann das ganze Stockwerk für mich alleine. Was für ein Luxus, so konnte ich beide Badezimmer nutzen und das zur gleichen Zeit! Gut, ihr könnt euch vorstellen, dass das etwas schwierig sein könnte. So war ich also auch ganz froh darüber als zwei neue Comenius-Assistenten die Zimmer neben mir bezogen. Mit Zsuzsanna aus Ungarn und Róisín aus Irland sind nun die letzten Assistenten in Odense angekommen.

Als erstes ein paar Worte zu den Neulingen unter uns. Mittwoch vor einer Woche treffe ich eine Frau auf dem Flur, die Unmengen an Krimskrams mit sich herumschleppt. Als ich sie frage, ob ich ihr beim Tragen behilflich sein könnte, stellt sich heraus, dass sie die Mentorin der neuen Assistentin aus Ungarn ist. Von ihr erfahre ich auch, dass Zsuzsanna zwei Tage später ankommen soll. Ich weiß Freitag also, dass sie theoretisch hier sein sollte, gesehen habe ich sie bisher aber noch nicht. Wir anderen halten auch Samstag in der Kantine Ausschau nach ihr, aber wieder keine Spur. Und eigentlich führt kein Weg an der Kantine vorbei, wenn man nicht verhungern möchte. Als sie auch Sonntag zum Abendessen nicht auftaucht, beschließe ich ihr einen Besuch in ihrem Zimmer abzustatten. Sie freut sich und löchert mich mit Unmengen an Fragen, was verständlich ist, da alles noch so neu für sie ist. Ich bin ja jetzt sozusagen ein alter Hase hier ;-) Sie erzählt von ihrem starken Heimweh und ich lade sie ein, uns den Samstag darauf (gestern) nach Ribe zu begleiten. Roísín hätte ich ebenfalls gerne mitgenommen, da sie wirklich sehr nett zu sein scheint, doch leider war das Auto zu diesem Zeitpunkt schon voll.

Ribe wurde also gestern durch drei Deutsche (Ute, der Doktorandin Anna aus Lübeck und mich), einen Slowenen (Rok) und einer Ungarin (Zsuzsanna) „bereichert“. In Roks Auto machten wir uns zu fünft auf den Weg in die 150km entfernte älteste Stadt Dänemarks. Schon beim Losfahren versprach uns das Wetter einen wunderbaren Tag, da seit langem einmal die Sonne an einem strahlend blauen Himmel schien. Ribe ist ein kleines Städtchen mit 8200 Einwohnern, das 2010 sein 1300. Stadtjubiläum feierte und ist dank der vielen kleinen unter Denkmalschutz stehenden Häuschen ein richtiger Besuchermagnet. Ich kann mir vorstellen, dass im Sommer einiges los sein muss. Aber dank der Jahreszeit waren wir wohl (wieder einmal) so ziemlich die einzigen Touristen. So konnten wir ganz ungestört diese tolle Stadt genießen.







Nachdem wir ein bisschen an bunten Häusern, Schiffen und hübschen, kleinen Läden vorbeigeschlendert sind, werfen wir noch einen Blick in den gotischen Dom, der heute das einzige fünfschiffige Gotteshaus in Dänemark ist. Das Highlight hier: man kann den Turm besteigen und von der Plattform einen Ausblick auf Ribes Dächer und die Marsch genießen. Mich hat dort oben besonders gefreut, dass kein Lüftchen ging und ich mir von der Sonne die Nase kitzeln lassen konnte. Seit ich in Dänemark bin, ist mir nämlich erst so richtig bewusst geworden, wie wichtig die Sonne für mich und meine Stimmung ist.





Schließlich stapften wir all die Treppenstufen wieder nach unten mit dem Plan, erst noch in ein paar Läden zu schauen und anschließend etwas zu essen zu suchen. Eigentlich hatten wir alle etwas mitgenommen, nur Zsuzsanna nicht (obwohl ich es ihr beim Frühstück extra noch gesagt hatte) und klar hatte sie jetzt zur Mittagszeit Hunger. Das wäre ja auch alles kein Problem gewesen, wenn… Nun ja, wenn sie denn irgendetwas von den zahlreichen Essensmöglichkeiten gemocht hätte. Aber: „I don’t like this, I don’t like that“. Nachdem wir also alle Möglichkeiten durch hatten und dabei ordentlich Zeit verloren hatten, sind wir schließlich in einem Café gelandet. Wo sie letzten Endes aber auch nichts essen wollte.

Am Nachmittag hat uns die Sonne dann leider doch in Stich gelassen und es wurde wieder recht bewölkt. Trotzdem wollten wir es uns nicht entgehen lassen, das Wattenmeer zu sehen. Von Ribe aus war es mit dem Auto nicht weit dorthin und ich war schon sehr gespannt, da ich das Wattenmeer noch nie vorher gesehen hatte. Und mit diesem Anblick hatte ich (und auch die anderen) auch wirklich nicht gerechnet! Es war komplett mit Eisplatten bedeckt, die sich quer übereinander stapelten und riesige Haufen Eis bildeten. Ich war platt. Dieses Bild und diese Erinnerung wird mir keiner mehr nehmen. Im Gegensatz zu Zsuzsanna (reichliche Quängeleien) habe ich es sehr genossen auf den Eisbergen herumzuklettern (auch wenn das eingesaute Schuhe und Hose bedeutet hat) und am Rand des gefrorenen Wattenmeers entlang zu spazieren. Auch wenn es wahrscheinlich das letzte Mal war, dass wir in dieser Zusammenstellung (oder soll ich sagen Zsuzsammenstellung?) gefahren sind, habe ich den Tag wieder sehr genossen. Der Anblick des Wattenmeers wird mir noch lange in Erinnerung bleiben und ich bin schon sehr gespannt, wie es im Frühling dort aussieht!