Wow, schon wieder Ferien! Also irgendwie geht das Ganze hier in ziemlich rasantem Tempo voran. Und so habe ich erst einmal ganz schön gestaunt, als die Osterferien vor der Tür standen. Im Gegensatz zu uns Bayern haben die Dänen nur eine Woche vor Ostern Ferien und müssen am Dienstag danach wieder antreten (oder auch nicht, Stichwort „Lock-out“). In der Woche vor Ostern hatte ich die Möglichkeit wieder ein paar nette Bräuche kennenzulernen.
In der Schule haben meine Erstklässler fleißig Ostereier suchen dürfen. Besonders gut gefallen hat mir, dass es mit einem kleinen Spiel und Lied verbunden wurde. Ein Kind musste vor die Tür, während ein anderes Kind das Osterei im Klassenzimmer versteckt hat. Die ganze Klasse hilft anschließend bei der Suche, indem sie je nachdem wie nahe das Kind dem Versteck kommt entweder ganz leise oder laut das Osterlied „Da har vært en påskehare“ (= Da war ein Osterhase) singt. Die Kleinen waren voll in ihrem Element und ich hatte auch meinen Spaß dabei.
Das klingt ja jetzt an sich noch nicht so außergewöhnlich, denn Ostereier suchen wir in Deutschland schließlich auch. Aber es gibt hier etwas, das ich so noch nicht kannte. Und zwar schreibt man sich zu Ostern Gækkebrever, also Ratebriefe. Diese Briefe werden im Stile Hans Christian Andersens als Scherenschnitte gestaltet und mit einem kleinen Vers versehen. Als Unterschrift dient eine Anzahl von Punkten, die der Anzahl der Buchstaben des Namens des Absenders entspricht. Schafft es der Empfänger NICHT den Absender zu erraten, so ist er diesem ein Osterei schuldig. Ich muss denke ich nicht erwähnen, dass ich als „Neue im Land“ eine Unmenge solcher Briefe erhalten habe. Da macht der Osterhase wohl ein Geschäft mit mir!
Abgesehen von diesem einzigartigen Brauch ist für viele Dänen Ostern außerdem der Start in den Frühling und sie machen ihre Ferienhäuser und Gärten für die schöne Jahreszeit startklar. Dieses Jahr dürfte das allerdings flachfallen, da wir immer noch Schnee haben. Die ein oder andere hübsche Blume spitzt aber schon unter der Schneedecke hervor und ich kann erahnen wie schön es hier im Frühling sein wird.
P.S.: Ich habe eben herausgefunden, dass dem Gækkebrev eigentlich auch noch ein Schneeglöckchen beigelegt wird. Wo sind meine??
marilyn goger am 27. März 13
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Die Situation in Skandinavien ist nicht so rosig wie sie uns oft erscheint und ich kann es „live“ miterleben. Wie auch bei uns soll meiner Meinung nach an der falschen Stelle gespart werden: der Bildung.
In den letzten Wochen kam es zu einem Tarifstreit zwischen Lehrergewerkschaft und dem kommunalen Landesverband (KL). Die Kommunen fordern eine Erhöhung der Arbeitszeit, was die Lehrer aber natürlich nicht stillschweigend über sich ergehen lassen. Wie mir ein Lehrer erklärt, soll es so ablaufen, dass die bisher bezahlten Vorbereitungsstunden ganz einfach in Unterrichtsstunden umgewandelt werden. Die Lehrer sollten ihren Unterricht dann eben nicht mehr so intensiv vorbereiten. Hallo?! Hat da mal jemand mitgedacht? Nicht auszumalen, wie sich das auf die Qualität des Unterrichts auswirken würde.
Jedenfalls kommt es wie es kommen muss: Lehrergewerkschaft und KL kommen einer Vereinbarung keinen Schritt näher. Der KL droht kurzerhand mit einem Lock-out, was bedeutet, dass die Lehrer von der Schule ausgeschlossen werden und nicht unterrichten dürfen. Klar, dass somit auch die Bezahlung ausbleibt. Die meisten Schüler werden sich wohl erst einmal über verlängerte Ferien freuen, aber auf Dauer ist das natürlich keine Lösung. Für die älteren Schüler bedeutet das, dass sie sich nicht richtig auf wichtige Examen vorbereiten können und für die Eltern der Jüngeren besteht natürlich auch das Problem, dass ihre Kinder morgens ohne Betreuung bleiben. Und genau deshalb erhofft sich der KL ein Eingreifen der Regierung, die das Problem zugunsten der Kommunen und nicht der Lehrer lösen sollen.
In den letzten Wochen kann ich miterleben wie die Stimmung nach und nach schlechter wird. Zu Beginn waren es nur wenige Lehrer, die wirklich mit einem Lock-out gerechnet haben, doch nun scheinen sich alle sicher zu sein. Am 20. März wurde in Dänemark zu Demonstrationen aufgerufen, die in Kopenhagen, Aarhus, Aalborg und auch Odense stattfinden sollten. Der Lehrerverband möchte damit an die Regierung appellieren, sich nicht in den Tarifstreit einzumischen. Ich war beeindruckt wie viele Menschen unter dem Motto „Die Lehrer sind die Ersten – Wer ist der Nächste?“ auf die Straße gehen. Aus meiner Schule waren so ziemlich alle anwesend und ich habe mich mit ihnen unter die Menge gemischt. Viel verstanden habe ich von den Ansprachen nicht, aber dem Applaus und Schreien nach zu urteilen, scheinen sie den Lehrern aus der Seele gesprochen zu haben. Kim Larsen, ein in Dänemark sehr bekannter und erfolgreicher Musiker, hatte ebenfalls einen Auftritt. Mit seinen gesellschaftskritischen Texten hat er einen gewissen Einfluss auf das öffentliche Leben hier. Ihr könnt euch das Lied „Det er en kold tid“ (= Es ist eine kalte Zeit), das er an diesem Tag gesungen hat, hier anhören:
http://www.youtube.com/watch?v=aob_xlAXsvs
Am 1. April wird definitiv bekannt gegeben, ob der Lock-out zur Wirklichkeit wird oder nicht. Wenn es dazu kommt, kann man nur hoffen, dass er nicht lange andauert. Immerhin sind 55 000 Lehrer und 850 000 Kinder davon betroffen. Meine Schule arbeitet derzeit an einem Notfallplan und ich bin sehr gespannt was die kommenden Tage bringen werden. Ich halte euch auf dem Laufenden!
P.S.: Meine Bezahlung ist sichergestellt, da ich das Geld von Deutschland und nicht von Dänemark bekomme. Glück gehabt!
marilyn goger am 27. März 13
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