Freitag, 11. Januar 2013
Kapitel 9: Die erste Woche in der Schule
Am Montag sollte ich also meinen Arbeitsplatz in Dänemark kennenlernen. Birgitte holt mich früh mit dem Auto ab und nimmt mich mit zur Tingløkkeskolen, wo sie mich als erstes durch das Schulhaus führt. In Dänemark sind in einer Schule alle Klassen von 0-9 untergebracht, wobei die 0. Klasse so etwas wie bei uns die Vorschule ist. Ich bin beeindruckt wie neu und sauber alles ist und Birgitte erklärt mir, dass erst letztes Jahr komplett renoviert wurde. Bei der Gelegenheit wurden auch gleich genügend Computer, Netbooks etc. angeschafft, sodass die Kinder schon ab der 1. Klasse in den Umgang mit dem Computer eingeführt werden.

Anschließend bringt mich Birgitte zu den anderen Lehrern. Ich stelle mich auf Dänisch vor (wenigstens das kann ich nämlich schon) und überrasche damit. Von allen werde ich herzlich in Empfang genommen und ich fühle mich sofort Willkommen. In den ersten beiden Wochen werde ich nun erst einmal bei Birgitte in der 1. Klasse sowie bei Dorit und Catha jeweils in einer 3. Klasse sein. Und nein, das sind weder deutsche Klassen noch können die Kinder in diesem Alter Deutsch oder Englisch sprechen (in der 3. zumindest ein bisschen Englisch). Dänisch prasselt auf mich ein und ich verstehe also erst einmal nur Bahnhof. Ganz schön anstrengend! Aber ich gebe mir alle Mühe und am zweiten Tag verstehe ich schon ein bisschen mehr. Am dritten Tag kann ich dann mein erstes Erfolgserlebnis verbuchen: ich kann die Frage eines Kindes verstehen und auf Dänisch beantworten. Birgitte bekommt das Ganze mit und sagt mir später, dass sie beeindruckt ist, wie schnell ich lerne. Ich bin natürlich stolz wie Oskar und grinse wie ein Honigkuchenpferd :-)

Die erste Schulwoche ist nun vorüber und bisher bin ich positiv überrascht davon, wie der Unterricht hier organisiert wird. Sehr oft findet Teamteaching statt (was man sich in Deutschland auch wünscht, allerdings nicht oder zu selten umgesetzt wird), d.h. also dass zwei Lehrer gemeinsam unterrichten. Einer hält Unterricht während der andere dafür zuständig ist, die lernschwächeren Kinder zu unterstützen. Die Rolle des zweiten Lehrers kann auch durch einen Pädagogen übernommen werden. In meiner ersten Klasse ist zudem jeden Montag eine Mutter oder ein Vater eines Kindes dabei. An meinem ersten Tag waren wir insgesamt vier Erwachsene in der Klasse, sodass wir Kleingruppen für optimale Lernbedingungen schaffen konnten.

Am Donnerstag erlebe ich eine weitere Unterrichtsform, die ich bisher noch nicht auf diese Weise kennengelernt habe. Sie nennt sich hold-deling, was übersetzt erst einmal Gruppenteilung heißt. In der Praxis werden hierbei alle Klassen einer Altersstufe in kleine Gruppen geteilt und so gemischt, dass eine neue Klasse entsteht. In meiner Klasse 1b sind dann somit auch Schüler der Klassen 1a, 1c und 1d. In jeder Gruppe werden nun Themen ganz unterschiedlich behandelt (Bewegungs-, Computertraining, Kunst, Theater). Die Gruppen tauschen wöchentlich, sodass am Ende jeder einmal alles gemacht hat. Super Idee wie ich finde, das werde ich mir merken!

Ich bin nun zusammen mit Birgitte in der Kunstgruppe. Diesen Donnerstag ging es bei uns um das Märchen Hans og Grete (Hänsel und Gretel). Während Birgitte das Märchen vorliest, malen die Kinder ihre Ideen dazu auf ein Blatt Papier und ich male gleichzeitig das Lebkuchenhaus inklusive Hexe an die Tafel. Einen Preis hätte ich damit jetzt nicht unbedingt gewinnen können, aber zumindest das Haus sah ganz nett aus. Anschließend habe ich noch erklärt, dass es im deutschen Original ein Lebkuchenhaus und kein – wie im Dänischen – Pfannkuchenhaus ist. Ehrlich gesagt hätte ich auch nicht gewusst, wie ich ein Haus aus Pfannkuchen malen soll, aber gut…

Für nächste Woche hat mich Birgitte um Unterstützung gebeten, da sie selbst nicht Kunst studiert hat. Ich bereite nun eine Unterrichtsstunde für dieses Hold-deling vor. Dabei soll es sowohl Kunst sein, als aber auch Dänisch. Also werde ich wohl eine Geschichte oder ähnliches nehmen, zu der gemalt wird. Die zündende Idee fehlt mir allerdings noch, da ich nicht einfach nur wieder ein Märchen vorlesen bzw. vorlesen lassen möchte.

Fazit der ersten Woche: Ich fühle mich in der Schule gut aufgenommen. Die Kinder sind alle sehr offen und interessiert und versuchen trotz der Sprachbarriere mit mir zu kommunizieren. Im Moment fühle ich mich zwar noch ein bisschen hilflos, da ich so vieles nicht verstehen kann. Ich hoffe aber, dass das mit der Zeit besser wird. Die Lehrer sind ebenso nett und ermuntern mich dazu, so viel wie möglich auszuprobieren. „Do what you want to do“ ist hier das Motto. Was das wirklich ist, muss ich allerdings erst noch herausfinden.