Als Gott den Orientierungssinn vergab, muss bei mir irgendwas schief gelaufen sein. Das habe ich jedenfalls in den letzten Tagen feststellen müssen. Ich verabrede mich für Samstag mit den beiden anderen deutschen Assistentinnen Ute und Katrin in der Stadt. Das erste Hindernis sind hierbei die dänischen Bushaltestellen. Da steht nämlich weder der Name der aktuellen Haltestelle, noch die Haltestellen, die angefahren werden. Ich steige also auf gut Glück in den nächsten Bus Richtung Stadt und springe wieder aus, als ich auf einem Straßenschild Rådhuset lese. Perfekt, am Rathaus wollten wir uns treffen! Als ich dann da mutterseelenallein an der Straße stehe, fällt mir plötzlich auf, dass ich meinen Stadtplan zu Hause liegen gelassen habe. Na super… Eigentlich wollte ich zum Dalum zurücklaufen, aber das kommt dann jetzt schon einmal nicht in Frage. Also erst einmal alle möglichen Bushaltestellen nach der richtigen Linie abgeklappert – ohne Erfolg! Nochmal na super…
Als dann auch noch vor meiner Nase die Touristeninformation zumacht, lasse ich die weitere Suche bleiben und gönne mir lieber meine erste Pølse vom Pølsevogn. Lecker! Lässt sich mit einem Hotdog vergleichen, nur dass sie in ein ausgehöltes, längliches Roggenbrot gesteckt wird. Glücklicherweise hat die Verkäuferin auch mal nicht sofort auf Englisch umgestellt und ich konnte das ganze Gespräch auf Dänisch führen. Ich bin ein bisschen stolz auf mich!
Schließlich treffe ich Katrin und Ute und wir schlendern ein bisschen durch die Stadt. Odense ist wirklich ein süßes Städtchen und überall ist Hans Christian Andersen zu finden. Wer mal nach Odense kommt und sich fragt, warum die Ampelmännchen so seltsam aussehen (wie ich es auch getan habe): das ist ebenfalls Hans Christian Andersen. Wir setzen uns zusammen in ein Café, wo ich einen richtig leckeren Jule Latte für 45 Kronen (ca. 6€) trinke. An die saftigen Preise muss ich mich allerdings erst noch gewöhnen. Der Nachmittag ist wirklich schön und die Zeit vergeht wie im Flug. Katrin begleitet mich anschließend noch zum Bahnhof und zeigt mir den richtigen Bus. Zum Glück, sonst würde ich da wahrscheinlich heute noch suchen.
Obwohl der Tag wunderbar war, wird er doch durch zwei Dinge überschattet. Erstens: ich finde am hellichten Tag eine Alkoholleiche. Sie ist männlich, ca. 20 Jahre alt und sitzt/liegt an einer Bushaltestelle (die ich ja alle abgeklappert habe). Ich beobachte sie eine Weile und stelle fest, dass sie sich nicht rührt. Ich gehe also hin, um zu sehen, ob Hilfe nötig ist. Kurzzeitig bekomme ich ein bisschen Angst, als er sich auch auf meine Frage hin immer noch nicht rührt. Letztendlich versichert er aber doch noch, dass alles „i orden“ ist und ich kann mehr oder weniger beruhigt weitergehen. Trotzdem bin ich irritiert, wie man mittags derart weggetreten allein auf der Straße rumhängen kann. Wieder zurück erzähle ich von meinem Erlebnis und bekomme als Antwort „That’s Denmark!“ und bin nur noch mehr irritiert.
Zweitens: Mein Bus auf dem Heimweg fährt eine Katze an und wir legen eine Vollbremsung hin. Ich sehe die Katze neben mir auf der Straße sterben.
Diese beiden negativen Erlebnisse versuche ich am nächsten Tag sofort wieder aus meinem Gedächtnis zu streichen. Ich verabrede mich mit Ute und Katrin für Sonntag im Rosengårdcentret, das ist das größte (vielleicht auch nur das zweitgrößte, aber hier in Odense behauptet man gern, es wäre das größte) Einkaufszentrum Dänemarks. Da ich noch kein Fahrrad habe, suche ich mir Busverbindungen, die mich hin- und auch wieder zurückbringen sollen. Zufälligerweise lerne ich beim Frühstück die spanische Comenius-Assistentin kennen und wir verstehen uns auf Anhieb. Leider so gut, dass wir uns verquatschen und ich meinen Bus verpasse. Um nicht zu spät zu kommen, muss ich nun ca. 3km laufen. Dort angekommen stelle ich fest, dass das Rosengårdcentret tatsächlich riiiiiesig ist! So riesig, dass ich mich sofort verlaufe (mal wieder) und nicht zu unserem Treffpunkt finde. Ich bleibe stehen wo ich bin und lasse mich von Katrin und Ute abholen. Was für ein Glück, dass es heutzutage Handys gibt!
Natürlich muss ich mir erst einmal eine dänische Flagge (vorerst im Kleinformat) kaufen. Die ist hier nämlich sehr populär, sie wird zu beinahe jeder Gelegenheit hervorgeholt. Selbst der Geburtstagstisch wird mit der Nationalflagge dekoriert. Außerdem kaufe ich mir ein dänisches Kinderbuch: Emil fra Lønneberg. Beim ein oder anderen mag da jetzt was klingeln. Richtig, bei uns in Deutschland heißt dieser Emil eigentlich Michel. Ich nehme mir vor, das Buch in den nächsten Wochen und Monaten lesen zu können.
Auf dem Nachhauseweg vom Rosengårdcentret möchte ich nun doch lieber mit dem Bus fahren, da mir meine Füße jetzt schon wehtun. Ich verabschiede mich von Katrin und Ute, die beide mit dem Rad da sind und schaue nach den Bushaltestellen. Da ich aber noch eine halbe Stunde warten muss, gehe ich schließlich noch einmal nach drinnen und schlendere ein bisschen umher. Schlechte Entscheidung! Leider verlaufe ich mich wieder und muss nun wirklich rennen, um meinen Bus noch zu bekommen. Es geht noch einmal gut. Als ich dann aber umsteigen muss, fällt mir auf, dass ich anscheinend mein Busticket verloren habe… Und da ich wirklich keine Lust habe, mir noch ein Ticket zu kaufen (sehr teuer!), beschließe ich den Rest heimzulaufen. Also wieder ca. 3 km.
Ihr könnt euch sicherlich vorstellen, dass ich nach diesem Ausflug mehr als erledigt war. Da kommt es mir gerade recht, dass ein paar der anderen Leute hier abends gemütlich einen Film anschauen wollen. Ich schließe mich an und lasse den anstrengenden Tag ausklingen. Morgen, also am Montag, wird mein erster Tag in der Schule sein und ich bin seeehr gespannt!